Mobilitätshilfenverordnung – MobHV
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 44, ausgegeben zu Bonn am 24. Juli 2009 2097
Verordnung über die Teilnahme elektronischer Mobilitätshilfen am Verkehr
und zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und der Fahrzeug-Zulassungsverordnung
Vom 16. Juli 2009
Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung verordnet
- auf Grund des § 6 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a bis e, g bis r, u, w und x, Nummer 2 Buchstabe b und f, Nummer 3 Buchstabe c und i sowie Num- mer 4a, 5a, 15 und 17 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), § 6 Absatz 1 geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 3. Februar 2009 (BGBl. I S. 150), sowie
- auf Grund des § 7 Nummer 1 des Pflichtversiche- rungsgesetzes vom 5. April 1965 (BGBl. I S. 213), § 7 zuletzt geändert durch Artikel 1 Nummer 5 des Gesetzes vom 10. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2833), im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und dem Bundesministerium für Um- welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit:Artikel 1
Verordnung
über die Teilnahme elektronischer Mobilitätshilfen am Verkehr (Mobilitätshilfenverordnung – MobHV)§1
Anwendungsbereich, Grundsatz der Verwendung
(1) Diese Verordnung gilt für Fahrzeuge mit elektri- schem Antrieb und einer bauartbedingten Höchstge- schwindigkeit von nicht mehr als 20 km/h, die folgende Merkmale aufweisen:
- zweispuriges Kraftfahrzeug mit zwei parallel ange- ordneten Rädern mit integrierter elektronischer Ba- lance-, Antriebs-, Lenk- und Verzögerungstechnik,
- eine Gesamtbreite von nicht mehr als 0,7 m,
- eine Plattform als Standfläche für einen Fahrer,
- eine lenkerähnliche Haltestange, über die der Fahrer durch Schwerpunktverlagerung die Beschleunigung oder Abbremsung sowie die Lenkung beeinflusst,
5. entspricht den Anforderungen der Richtlinie 72/245/ EWG des Rates vom 20. Juni 1972 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über von Fahrzeugen verursachte Funkstörungen (elektro- magnetische Verträglichkeit) (ABl. L 152 vom 6.7.1972, S. 15), die zuletzt durch die Richtlinie 2006/96/EG (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 81) ge- ändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,
6. eine Anzeige für den Energievorrat.
(2) Fahrzeuge im Sinne des Absatzes 1 (Mobilitäts- hilfen) sind Kraftfahrzeuge im Sinne der Straßenver- kehrs-Ordnung. Sie dürfen nur nach Maßgabe der folgenden Vorschriften auf öffentlichen Straßen ver- wendet werden.
§2
Anforderungen an das Inbetriebsetzen
(1) Eine Mobilitätshilfe darf auf öffentlichen Straßen nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie
- einem genehmigten Typ entspricht sowie
- ein gültiges Versicherungskennzeichen nach § 26 in Verbindung mit § 27 der Fahrzeug-Zulassungsver- ordnung führt.
Abweichend von Satz 1 Nummer 1 darf eine Mobilitäts- hilfe auch in Betrieb gesetzt werden, wenn für sie eine Einzelgenehmigung erteilt worden ist.
(2) Es richtet sich die Erteilung
- der Typgenehmigung im Falle des Absatzes 1 Num- mer 1 nach den Anforderungen des § 20 der Stra- ßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung,
- der Einzelgenehmigung im Falle des Absatzes 1 Satz 2 nach den Anforderungen des § 21 der Stra- ßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung.
Die Erteilung der in Satz 1 bezeichneten Genehmigun- gen setzt voraus, dass die Anforderungen des § 1 Ab- satz 1 und der §§ 4 bis 6 erfüllt sind.
(3) § 4 Absatz 5 Satz 1 und Absatz 6 der Fahrzeug- Zulassungsverordnung gilt für den Führer und den Hal- ter einer Mobilitätshilfe entsprechend.
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§ 3
Berechtigung zum Führen
Für das Führen einer Mobilitätshilfe gilt die Fahrer- laubnis-Verordnung in der jeweils geltenden Fassung mit der Maßgabe, dass für das Führen einer Mobilitäts- hilfe mindestens die Berechtigung zum Führen eines Mofas nachzuweisen ist.
§4
Anforderung an die Verzögerungseinrichtung
Eine Mobilitätshilfe darf nur in Betrieb gesetzt wer- den, wenn sie mit einer dem in § 1 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 beschriebenen Fortbewegungskonzept entspre- chenden Verzögerungseinrichtung ausgerüstet ist, die
1. das Fahrzeug bis zum Stillstand abbremsen kann und
2. mindestens einen Verzögerungswert von 3,5 m/s2 erreicht.
§5
Anforderung an die lichttechnischen Einrichtungen
(1) Eine Mobilitätshilfe darf nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie mit folgenden lichttechnischen Ein- richtungen ausgerüstet ist, die den Technischen Anfor- derungen an Fahrzeugteile bei der Bauartprüfung nach § 22a Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 5. Juli 1973 (VkBl. S. 558), die zuletzt am 21. Juni 2006 (VkBl. S. 645) geändert worden sind, in der jeweils geltenden Fassung entsprechen müssen:
- nach vorne wirkendem Scheinwerfer für weißes Licht (TA 23),
- nach vorne wirkendem weißem Rückstrahler (TA 18),
- an der Rückseite mit einer Schlussleuchte für rotes Licht (TA 14b),
- an der Rückseite mit einem roten Rückstrahler (TA 18),
- mit gelben Rückstrahlern nach beiden Seiten wir- kend (TA 18).
Die lichttechnischen Werte sind in allen Betriebszustän- den zu erfüllen, insbesondere ist eine Blendwirkung des Gegenverkehrs durch den vorderen Scheinwerfer aus- zuschließen.
(2) Die Einrichtungen nach Absatz 1 Nummer 1 und 3 können mit einer Lichtmaschine, über das Bordnetz der Mobilitätshilfe oder ausschließlich über Batterie- oder Akku-Versorgung betrieben werden, wenn dem Fahr- zeugführer deren Ladezustand ständig angezeigt wird.
§6
Anforderung an die Schalleinrichtung
Eine Mobilitätshilfe darf nur in Betrieb gesetzt wer- den, wenn sie mit einer Glocke ausgerüstet ist.
§7
Zulässige Verkehrsflächen, Anforderungen an die Teilnahme am Straßenverkehr
(1) Wer elektronische Mobilitätshilfen im Verkehr führt, unterliegt den Vorschriften der Straßenverkehrs- Ordnung.
(2) Innerhalb geschlossener Ortschaften dürfen ab- weichend von Absatz 1 nur Schutzstreifen, Radfahr- streifen, Radwegefurten und Radwege befahren wer- den. Wenn solche nicht vorhanden sind, darf auf Fahr- bahnen gefahren werden.
(3) Außerhalb geschlossener Ortschaften dürfen ab- weichend von Absatz 1 nur Schutzstreifen, Radfahr- streifen, Radwegefurten und Radwege befahren wer- den. Wenn solche nicht vorhanden sind, darf auf Fahr- bahnen von Straßen, die nicht Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen sind, und auf Wegen gefahren werden.
(4) Abweichend von Absatz 1 darf mit elektronischen Mobilitätshilfen von dem Gebot, auf Fahrbahnen mit mehreren Fahrstreifen möglichst weit rechts zu fahren, nicht abgewichen werden. Wer elektronische Mobili- tätshilfen führt, muss einzeln hintereinander fahren, darf sich nicht an Fahrzeuge anhängen und nicht freihändig fahren. In Fahrradstraßen darf auch nebeneinander ge- fahren werden. Ist ein Verbot für Fahrzeuge aller Art (Zeichen 250) angezeigt, dürfen elektronische Mobili- tätshilfen geschoben werden. Soweit keine Fahrtrich- tungsanzeiger vorhanden sind, sind Richtungsänderun- gen durch Handzeichen anzuzeigen.
(5) Wer eine Mobilitätshilfe auf anderen Verkehrsflä- chen als Fahrbahnen führt, muss seine Geschwindig- keit anpassen. Fußgänger haben Vorrang, sie dürfen weder gefährdet noch behindert werden. Radfahrern ist das Überholen zu ermöglichen. Ist eine Richtung durch Zusatzzeichen vorgegeben, so gilt diese entspre- chend für den Verkehr mit elektronischen Mobilitätshil- fen.
(6) Abweichend von den Absätzen 1 bis 3 können die Straßenverkehrsbehörden Ausnahmen für das Fah- ren mit elektronischen Mobilitätshilfen auf anderen Ver- kehrsflächen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller zulassen.
§8
Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrig im Sinne des § 24 des Straßenver- kehrsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
- entgegen§2Absatz1,§4,§5oder§6eineelek- tronische Mobilitätshilfe in Betrieb setzt,
- entgegen § 3 eine Mobilitätshilfe führt, ohne mindes- tens die Berechtigung zum Führen eines Mofas nachgewiesen zu haben, oder
- einer Vorschrift des § 7 Absatz 2 oder Absatz 3 über zulässige Verkehrsflächen oder des § 7 Absatz 4 Satz 1, 2 oder Satz 5 über Anforderungen an die Teilnahme am Straßenverkehr zuwiderhandelt.Artikel 2Änderung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung
Dem § 3 Absatz 2 Nummer 1 der Fahrzeug-Zulas-
sungsverordnung vom 25. April 2006 (BGBl. I S. 988), die zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 29. Mai 2009 (BGBl. I S. 1170) geändert worden ist, wird folgen- der Buchstabe g angehängt:
„g) Elektronische Mobilitätshilfe“.
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Artikel 3
Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung
In § 4 Absatz 1 Satz 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 18. August 1998 (BGBl. I S. 2214), die zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 26. März 2009 (BGBl. I S. 734) geändert worden ist, wird nach der Nummer 1 folgende Nummer 1a eingefügt:
„1a. Mobilitätshilfen im Sinne des § 1 Absatz 1 der Mo- bilitätshilfenverordnung,“.
Artikel 4 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.